Im EZB-Rat herrscht weiterhin Uneinigkeit
über die richtige geldpolitische Strategie der EZB, doch es zeichnet sich ab,
dass Bundesbank-Chef Weidmann seinen Widerstand gegen Draghis QE-Pläne nicht
durchhalten wird. Nach unserer Einschätzung wird allerdings auch der
massenhafte Aufkauf privat gehaltener Anleihen nicht zur konjunkturellen
Wiederbelebung in der Euro-Zone beitragen können. Die EZB verschießt ihre
letzten Salven.
Nur
ein kleiner Teil der Banker und Marktteilnehmer hält eine Exit-Strategie oder
gar einen Erfolg der geldpolitischen Anstrengungen noch für wahrscheinlich.
Selbst der ehemalige US-Amerikanische Finanzminister Timothy
Geithner machte sich kürzlich über Europas hoffnungslose Situation lustig.
In Anspielung auf die Spannungen bei einem G7-Gipfel in Kanada im Februar 2012
sagte er: „Ich habe die Möglichkeit, dass Europa für drei Jahre
orientierungslos herumrudert, völlig unterschätzt“. Eine Jahresend-Umfrage
der Financial Times unter prominenten europäischen Ökonomen brachte zu
Tage, dass kaum jemand daran glaubt, dass die EZB das europäische Wachstum noch
stimulieren könnte.
Konflikt im EZB-Rat weiterhin ungelöst
Die
wichtigste, wenn auch nicht grade nervenaufreibendste Entwicklung Ende 2014begleitet uns auch im neuen Jahr: Der Konflikt zwischen EZB-Präsident Draghi
und Bundesbank-Präsident Weidmann, der Verbündete verliert.
Die Repräsentanten Luxemburgs, Frankreichs und
Deutschlands weigerten sich im Dezember, eine Pressemitteilung abzusegnen, in der ein
Quantitative Easing-Programm in Höhe von einer Billion Euro vorgeschlagen
wurde. Natürlich war der genaue Wortlaut der Pressemitteilung ein anderer:
Nicht Quantitative Easing, sondern „Vermögensaufkäufe“ wurden diskutiert, so
dass offen blieb, ob die drei Abweichler mögliche Quantitative Easing Maßnahmen
nicht tatsächlich sogar unterstützen.
Draghi trägt QE-Debatte in die
Öffentlichkeit
Wie zu
erwarten war, ist dieses Spektakel nun an die Öffentlichkeit gelangt.
Tatsächlich vermuten wir, dass der Taktiker Draghi – nachdem er die Debatte im Direktorium
verloren hat – seine Unterstützer aufgerufen hat, die Bundesbank mithilfe der
erstaunlich willfährigen Medien unter Druck zu setzen.
Am 17.
Dezember gab Benoît
Cœuré, der französische EZB-Vertreter, ein Interview im Wall Street
Journal. Er deutete an, dass die Bedingungen für ein Quantitative
Easing-Programm „nun gegeben seien“ und dass er unter den
EZB-Entscheidungsträgern einen „breiten Konsens sehe“. Vertreter der Leitmedien
gaben diese Äußerungen pietätvoll wieder, ohne Benoîts frühere Statements zu
erwähnen.
Die
Niederländer unterstützen Weidmann weiterhin, wenn auch in weniger klarer
Sprache. Klaas
Knot, Vorsitzender der Niederländischen Zentralbank und daher Mitglied im
EZB-Rat, erklärte, dass Europas politische Entscheidungsträger sich bisher
nicht auf ein solches Ausmaß an Risikoteilung geeinigt hätten und die EZB diese
nicht „durch die Hintertür“ herbeiführen solle.
Weidmann steht unter großem Druck
Unter
nahezu unvorstellbar großem Druck verteidigte Weidmann
Deutschlands Position weiterhin konsequent. Kurz vor Weihnachten erklärte er,
Quantitative Easing gefährde die Finanzstabilität, reduziere Reformanreize für
Staaten und sei bestenfalls fragwürdig unter rechtlichen Gesichtspunkten.
Ausschlaggebend war allerdings, dass er das Mandat der EZB akzeptiert, das
wahrgenommene Deflationsrisiko „anzugehen“ – Die jährliche Inflationsrate in
der Eurozone war im November auf 0,3% gesunken. Er sprach sich nicht gegen das
„TLTRO“-Programm (äußerst billige langfristige Kredite an Banken) der letzten
Monate aus, auch nicht gegen die Ankäufe von privaten Organisationen emittierter
Wertpapiere wie Pfandbriefen durch die EZB. Sogar für Weidmann muss das
QE-Programm wie ein relativ kleiner nächster Schritt wirken.
Die Diskussion
dreht sich nun um die Schuldenvergemeinschaftung, die jetzt „Risikoteilung“
genannt wird. Ein absurder Kompromiss wurde vorgeschlagen: Das Quantitative
Easing könnte stattfinden indem die nationalen Zentralbanken Staatsanleihen mit
frischem EZB-Geld aufkaufen. Doch es ist schwer, hier einen Unterschied zu
einem direkten Ankauf der Staatsanleihen durch die EZB zu erkennen.
Draghi
scheint entschlossen, seine Vorstellungen beim nächsten Treffen am 22. Januar
durchzusetzen. Er hat ein ausgezeichnetes Gefühl für das richtige Timing und
ist nicht grade für seine Zurückhaltung bekannt. Kaum hatte der griechische
Premierminister Samaras nach einem parlamentarischen Misstrauensvotum gegen
seinen Präsidentschaftskandidaten Neuwahlen ausgerufen, schon gab Draghi
ein Interview im Handelsblatt und hob die Messlatte an: „Es gibt die
weitverbreitete Fehleinschätzung, dass die Euro-Zone eine Währungsunion, aber
keine politische Union wäre.“ Das war nur eine seiner gegen die Niederlande und
Deutschland gerichteten Spitzen.
Die Europäische Bankenaufsicht als nächste
Baustelle?
Des
Weiteren wurde Peter
Praet, der Chefökonom der EZB ausgesandt, um die zunehmend nervösen
Deutschen vom Quantitative Easing zu überzeugen. Eine Rede, die er am 9.
Dezember in Washington gehalten hatte, wurde auf der EZB-Webseite platziert.
Obwohl TLTRO und die gedeckten Anleihen eine „kraftvolle Antwort“ auf die
„dysfunktionalen Banking-Kanäle“ waren, so Praet, gäbe es nun im EZB-Rat eine
geschlossene Bereitschaft für „zusätzliche unkonventionelle Stimuli“.
Das
einzige Problem, das einer effektiven direkten Intervention der EZB in den
Staatsanleihenmarkt zur Senkung der Kreditkosten der Haushalte im Wege stehe,
ist laut Praet der Zustand der Bankensysteme in den europäischen Staaten.
Wenn
tatsächlich ein Quantitative Easing-Programm eingeführt wird und es in der
kurzen Frist nicht die erwünschte Wirkung entfaltet, wird die EZB nicht die
Verantwortung dafür übernehmen. Stattdessen wird man die Probleme bei der
Europäischen Bankenaufsicht (EBA) suchen.
Dieser
Beitrag erschien gestern als Newsletter des Institute for Research in Economicand Fiscal Issues (iref). Wir danken für die freundliche Genehmigung einer
Wiederveröffentlichung.
The legal issues should have been mentioned especially vis-a-vis Germany.
AntwortenLöschenIf Draghi acts as if there is no legal problem that doesnot mean there isnot one.