Korruption ist gemäß einem Index von
Transparency International überall auf der Welt vorzufinden. Zwei Drittel
der Welt werden mit unter 50 Punkten bewertet - Null bedeutet in höchstem Maße
korrupt, 100 steht für frei von Korruption. Dänemark und Neuseeland wurden im
Jahr 2013 mit 91 Punkten bewertet, aber Länder wie Deutschland und
Großbritannien haben nicht mehr als 78 beziehungsweise 76 Punkte erreicht.
Afghanistan, Nordkorea und Somalia lagen mit acht Punkten am untersten Ende.
Die Daten werden durch das globale
Korruptionsbarometer von Transparency International bestätigt, das mehr als
114.000 Menschen in 107 Ländern befragte. Siebenundzwanzig Prozent der
Befragten gaben zu, dass sie im Laufe der letzten 12 Monate ein Bestechungsgeld
bezahlt haben, wenn sie mit der öffentliche Verwaltung zu tun hatten. Nur 22
Prozent der Befragten sagten, dass die Anstrengungen der Regierung zur
Bekämpfung der Korruption wirksam waren. Diese Zahl lag im Jahr 2008 bei 31
Prozent.
Die Lage verschlimmert sich
In Schwellen- und Entwicklungsländern ist die Lage
schlimmer. Gemäß dem "American
Pew Research Centre" in Washington glauben 76 Prozent der Bevölkerung
in einkommensschwachen Ländern, dass die Korruption ein sehr großes Problem
darstellt - größer als die Problematik der Wasser und
Nahrungsmittelverschmutzung (54 Prozent), und fast so schlimm wie Verbrechen
(83 Prozent). Und das Problem hat deutlich zugenommen, von 63 Prozent in den
Jahren 2007-2008 auf 76 Prozent im Jahr 2014.
Entwickelte Länder sind gemäß einer Studie
der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2014 ebenfalls nicht gegen
Korruption gefeit. Die Untersuchung hat gezeigt, dass 75 Prozent der befragten
Europäer glauben, dass Korruption ein ernstes Problem ist und mehr als die
Hälfte der Befragten behaupten, dass sich die Situation verschlimmert.
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Corruption Perceptions Index 2013, Transparency International |
Der Umgang mit der öffentlichen Verwaltung scheint eine
fortwährende Quelle von Spannungen zu sein. So sagen zum Beispiel mehr als 80
Prozent der Italiener, dass persönliche Beziehungen eine entscheidende Rolle
spielen, wenn man mit Personen im öffentlichen Dienst zu tun hat. Korruption in
der Politik und der öffentlichen Verwaltung macht häufig Schlagzeilen, wenn es
in Frankreich um Skandale im Wohnungs- und Schulbau geht sowie bei den
Untersuchungen zur Parteienfinanzierung des ehemaligem Präsidenten Nicolas
Sarkozy.
Bestechungsgelder fließen
In Großbritannien war der Begriff Korruption in aller Munde,
um das Verhalten des Verteidigungsunternehmens BAE-Systems zu beschreiben, und
als Polizeibeamte und öffentliche Amtsträger Geschichten an die Presse
verkauften. Versprechungen die Korruption auszumerzen, greifen in der
politischen Debatte stark um sich, und Antikorruptions-Gesetzgebung ist
reichlich vorhanden.
Korruption ist unmoralisch und tendiert dazu, eine Belastung
für das Wachstum zu sein. Es ist unmoralisch, wann auch immer jemand ein
Bestechungsgeld zahlt, um einen lukrativen Auftrag zu erhalten, der unter
normalen Umständen einem effizienteren Mitbewerber zugesprochen würde. Dies
geschieht häufig bei der öffentlichen Auftragsvergabe.
Ebenso ist es unmoralisch, wenn Personen Bestechungsgelder
dafür verlangen etwas zu tun, was ein inhärenter Teil ihrer Aufgaben und
Pflichten am Arbeitsplatz ist. Typische Beispiele hierfür sind
Regierungsangestellte, die Entscheidungen in die Länge ziehen und herumtrödeln,
wenn es um die Bearbeitung von Dokumenten oder das Ausstellen von Genehmigungen
geht, die die Angelegenheit jedoch gegen ein 'Entgelt' beschleunigt abwickeln.
Korruption kann auch Betrug einschließen, wenn zum Beispiel
Führungskräfte in internationalen Agenturen oder Investmentbanken es für
Regierungsbehörden leichter machen, ihre Schatzanweisungen zu verkaufen, und
hierfür anschließend mit hochbezahlten Positionen in einem Ministerium oder
einem staatlichen Unternehmen belohnt werden.
Das "Ölen der Maschinerie"
Die Korruption verlangsamt auch das Wachstum. Nach Aussage
der ehemaligen Europäischen Kommissarin Cecilia Malmstrom kostet die
Korruption innerhalb der Europäischen Union pro Jahr 120 Milliarden Euro. Sie
erlaubt auch ineffizienten Produzenten, sich auf Kosten der effizienteren
Mitbewerber über Wasser zu halten, und zwingt Unternehmen Gelder auszugeben um
die "Maschinerie zu ölen" - indem sie Bestechungsgelder verteilen und
so Verbindungen knüpfen - anstatt diese Mittel für die Produktion verwenden zu
können. Korruption erzeugt auch Unsicherheit, was die Unternehmen davon abhält
zu investieren.
Was kann also getan werden, um mit der Korruption
aufzuräumen?
Bedauerlicherweise sorgt der Eigennutz dafür, dass zumindest
einige Personen ihre Befugnisse missbrauchen, um sich selbst zu bereichern,
indem sie einen Vertrag und/oder einen Moralkodex brechen. Jedoch können
Wettbewerb und Deregulierung die Möglichkeiten für korruptes Verhalten begrenzen.
Abbau von Verordnungen
Innenrevisoren und Direktoren mag es schwer fallen,
korruptes Handeln im eigenen Unternehmen aufzudecken, und sie könnten taub sein
gegenüber Whistleblowern. Ineffizienz schlägt sich jedoch in niedrigeren
Gewinnen nieder, in einem Verlust an Marktanteilen und möglicherweise über kurz
oder lang in Übernahmen. Mit anderen Worten, der Wettbewerb deckt die
Korruption auf, falls Aktionäre oder Direktoren nicht durch die Ineffizienz
wachgerüttelt werden.
'Saubere', rentable Unternehmen überleben, während korrupte
Unternehmen auf der Strecke bleiben. Es überrascht nicht, dass die Korruption
in staatlichen oder staatlich regulierten Unternehmen hoch ist. Sie werden
häufig vom Wettbewerb abgeschirmt und erfreuen sich lockerer Budgetbeschränkungen.
Bürokraten interessieren sich nicht für Effizienz, und die Steuerzahler kommen
für jegliche Verluste auf.
Die große Menge an detaillierten Vorschriften einmal
auszudünnen, hilft auch die Anzahl der an dieser Regulierung beteiligten
Personen in den Behörden zu reduzieren, und verbessert die Überwachung. Es
eliminiert auch die Möglichkeiten zu Absprachen
zwischen denjenigen, die von den Verordnung profitieren, den 'Gebern', und den
'Empfängern', die der Ursprung der Verordnung sind, und die oftmals Regeln
erlassen, die genau auf die Bedürfnisse der mächtigen 'Geber' zugeschnitten
sind.
Worauf steuern wir also zu und was können wir in Zukunft
erwarten?
Rechtsvorschriften
Der Fall Georgien, einst das korrupteste Land in der
Sowjetunion und über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Fall der Berliner
Mauer eines der korruptesten Länder weltweit, bestätigt, dass Korruption nicht
eine Frage von Geschichte und Tradition ist, sondern von Rechtsvorschriften.
Seine Regierung verringerte die Zahl der Verordnungen im
Jahr 2010 und erhöhte die Transparenz und die Verantwortlichkeit, indem sie der
Öffentlichkeit nahezu alle Verfahren über das Internet zugänglich machte. Die
Korruption ist infolgedessen fast über Nacht verschwunden.
Das sinnbildliche Gegenbeispiel ist wiederum Georgien, wo
die derzeitige linksorientierte Regierung begonnen hat, neue Formen der
Regulierung und der Verordnungen einzuführen, und schon kehrt die Korruption
zurück.
Italien zeigt im Gegensatz dazu, was man vermeiden sollte.
Eine Gruppe von Richtern, die sogenannte 'Mani pulite' oder die 'Sauberen
Hände', zerschlug im Jahr 1992 eine korrupte politische Elite und versprach
eine neue Epoche der ehrlichen Politik, als bis zu 5.000 Verdächtige aus
Industrie und Politik wegen Korruption vor Gericht standen.
Das schlechteste Beispiel
Der institutionelle Rahmen blieb jedoch unangetastet und
neue Akteure kamen ins Spiel. Da die Spielregeln die gleichen blieben, oder
sich unter Umständen sogar noch weiter verschlechterten, ist Italien heute so
korrupt wie eh und je. Italien liegt auf dem letzten Platz der 34 Länder der
'Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung' (OECD) und
gemäß dem Korruptionsindex von Transparency International hinter mehreren
Entwicklungsländern wie Ruanda, Namibia, Kuba, Jordanien und Georgien.
Als Fazit bleibt, dass die Korruption solange erhalten
bleiben wird, wie ein hohes Maß an staatlicher Intervention vorherrscht und
Regulierungen und Verordnungen alles durchdringen. Die Akteure reagieren
lediglich auf die Anreize, die sich ihnen bieten.
Wir sollten nicht überrascht sein, wenn sich ein und
dieselben Personen in einem transparenten Umfeld, wie in Schweden, ehrlich
verhalten, es jedoch nicht unterlassen, saftige Bestechungsgelder an
Staatsangestellte zu verteilen, in Ländern in denen die Korruption grassiert -
so geschehen im Bofors-Skandal
in den 80er und 90er Jahren, in den schwedische Lieferanten und indische
Bürokraten und Politiker verwickelt waren.
Gründe zur Besorgnis
Das gilt auch für die Zukunft der Korruption in Europa. Von
der Öffentlichkeit kann ein Aufschrei ausgehen, neue Antikorruptionskampagnen
könnten folgen, und das Sanktionssystem könnte verschärft werden. Solche
Maßnahmen würden sicherlich die öffentliche Meinung und internationale
Organisationen erfreuen.
Und dennoch, wenn das institutionelle System - mangelnder
Wettbewerb und massive Regulierung - dasselbe bleibt, wird sich an der
Korruption nicht viel ändern. Es gibt Hoffnung, wie das georgische Beispiel
zeigt, aber es gibt auch Gründe zur Besorgnis.
Je zentralisierter und undurchsichtiger die Macht- und
Verwaltungsstrukturen sind, umso fruchtbarer ist der Boden für das Gedeihen
korrupter Praktiken. Bedauerlicherweise haben die Verfechter der Deregulierung
und des Bürokratieabbaus noch nicht den Sieg davongetragen, und die EU
übernimmt kaum die Führung.
Professor Enrico Colombatto ist Professor für Ökonomie an
der Universität Turin in Italien. Außerdem ist er Direktor für Forschung beim
Institut de Recherches Économiques et Fiscales (IREF) in Paris und war Direktor
des International Centre for Economic Research (ICER) in Turin und Prag. Dieser Beitrag erschien bei Geopolitical Information Service
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