Ich weiß nicht, ob Martin Kastler(CSU-Abgeordneter um Europaparlament) unseren Blog liest – gehe aber mal fast
davon aus. Da haben wir schon im Januar gefordert, endlich über europäische Politik TV-Serien zu
produzieren, die so schlau und hintergründig wären, dass sie den Studierenden zwei Semester (ökonomische) Theorie der Politik locker ersetzen könnten und
gleichzeitig so witzig und populär sein könnten, dass sie auch Quote brächten.
Nun kommt der Vorschlag endlich
auch aus dem Europaparlament. Herr Kastler schreibt einen Brief an den deutsch-französischen Staatssender arte (Association Relative à la Télévision Européenne): „Eine gut gemachte, prominent
besetzte Fernsehserie aus dem Europäischen Parlament, gedreht an
Originalschauplätzen in der Straßburger Volksvertretung: Europäisches
Infotainment erster Klasse”!
Eine
Antwort des Straßburger Senders steht noch aus. Doch Kastlers Vorschläge sind
durchaus detailliert: Als “Nachbar des Straßburger Parlaments” solle der
europäische Sender die Serie produzieren – mit ebenfalls europäischer Besetzung
der Rollen, so Kastler. Das Straßburger Parlamentsgebäude biete sich für eine
solche schon allein deshalb an, weil man die Szenen außerhalb der Plenarwoche
an den Originalschauplätzen drehen könnte. “Im Optimalfall schafft die Serie im
Nebeneffekt einen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen der europäischen
Politik und gibt Europa ein bekanntes, menschliches Gesicht.”
Die
dänische Serie “Borgen – Gefährliche Seilschaften” – sie läuft aktuell bei arte – sei ein Musterbeispiel dafür, wie es
gelingen könne, Politik zum Stoff einer beliebten, spannenden Serie zu machen.
Kastler persönlich wünscht sich für die Europa-Soap eher den heiteren Ansatz:
“Ich könnte mir das Modell “Stromberg” im Europäischen Parlament wunderbar vorstellen – bereichert um die
Vielfalt europäischer Stereotypen.”
Die
echten Politiker sieht Kastler dabei allenfalls in einer Nebenrolle: “Warum
nicht den Parlamentspräsidenten als Hausmeister, EU-Kommissar Oettinger als
Stromableser – oder andere, bekannte Gesichter als Statisten? Da wären der
Kreativität kaum Grenzen gesetzt.”
Die Idee ist wirklich
bestechend:
- das Parlament in Straßburg, das ohnehin die meiste Zeit leer steht, weil dasselbe Parlament ja auch und vor allem in Brüssel tagt und arbeitet , könnte als Drehort genutzt werden; eine Reduzierung des parlamentarischen Wanderzirkus könnte den Abgeordneten, den Steuerzahlern und der Umwelt einige Belastungen ersparen.
- Die Visionen von Jaques Derrida und Jürgen Habermas könnten eher erfüllt werden als mit einem hundertsten Proseminar zum Thema „herrschaftsfreier Diskurs und europäische Identität“: die Straßburg-Soap könnte (Wieder-) Geburtshelfer einer „europäischen Öffentlichkeit“ werden - ohne, dass Habermas deshalb gleich die „Alternative für Deutschland“in den Bundestag wünschen muss .
- Bundespräsident Gauck schließlich wäre auch geholfen, forderte er doch, das Fernsehen solle „eine Art europafördernde Innovation hervorbringen, vielleicht so etwas wie Arte für alle, einen Multikanal mit Internetanbindung, für mindestens 27 Staaten, 28 natürlich, für Junge und Erfahrene, Onliner, Offliner, für Pro-Europäer und Europa-Skeptiker.“
Für Hardliner der EU-Apologetikin der Kommission wäre eine satirisch unterhaltene und derart nebenbei informierte europäische Öffentlichkeit
zwar ein gewisses Risiko. Mit einem von deutschen und französischen
Rundfunkräten paritätisch beherrschten Sender wie arte wäre das Risiko freilich
schon einmal minimiert. Zudem schaut eben kaum jemand arte.
EU-Politik
ist viel zu wichtig, um sie nur ernst zu nehmen! Open Europe Berlin hilft gerne
mit Vorschlägen für spannende Episoden.